Das zehnte Dark Troll: Wohlfühlen mit Folk- und Black-Metal

Während des Auftrittes von Fejd (© S. Bollmann)

Galerie mit 500+ Bildern hier: Wikipedia – Kategorie Dark Troll Open Air 2019

108 Stufen zum Glück – Oder Starway to Heaven? Auch ohne so pathetische Ergüsse bleibt vom Dark Troll zu sagen, dass es jedes Jahr aufs Neue ein früher Höhepunkt des Festivalsommers ist. Es mögen in den kommenden Monaten noch viele Festivals warten, mit denen wir uns die Wochenenden beim Livesound unserer Wahl um die Ohren hauen können, aber eine so tolle Location wie das Dark Troll bieten wirklich nur ganz, ganz wenige. Meist ist es irgendein mehr oder weniger staubiger Acker, über den die Musik schallt (was natürlich sehr trve ist). Hier jedoch ist es die Burgruine Bornstedt (oder Schweinsburg) bei Eisleben, die entweder über besagte 108 Stufen erreichbar ist, oder für alle nicht so fitten über einen etwas längeren Fahrweg, und die perfekte Kulisse bietet. Seitdem vor einem Jahr zusammen mit der Gemeinde Bornstedt die Flächen für die Zeltplätze ausgeweitet wurden, war nun auch schon am Freitag ab der ersten Band der Burghof gut gefüllt.

Nach drei Jahren mit Waldträne als Eröffnungsband, die besinnliches Liedgut mit heroisierenden Liedern über Wotan und germanische, speerschwingende Krieger, untermalt von Akkustikgitarre und Flöte, präsentiert hatten (keine Sorge, Waldträne verstärkte dafür das Ensemble von Odroerir), durften in diesem Jahr die Barbarossa Bags & Pipes die Eröffnung zelebrieren. Dabei handelt es sich um eine Dudelsack-Gruppe aus dem nahen Sangerhausen, die sich den verwendeten Instrumenten entsprechend auf traditionelle schottische und irische Melodien konzentrieren und diese als eine Art Marching Band vortragen. Mal etwas anderes als die üblichen marschierenden Blasmusik-Kapellen, die man sonst so von Volksfesten kennt. Und außerdem war damit gleich der Link nach Schottland hergestellt, denn von dort kommt auch noch toller Folk-Black-Metal. Aber dazu später.

Nach diesem gelungenen Auftakt, der schon von vielen Zuschauern auf dem Burghof begleitet wurde, folgte nun die erste Band, die dem erwarteten Musikspektrum entspringt. Ad Cinerem aus Dresden überraschten mit brachialem Sound, kraftvollen, schleppenden Melodien und intensivem Growling. Ein gelungener Einstand in das diesjährige Black Troll. Es ist übrigens das Zehnte! Für dieses Jubiläum hatte sich die Crew etwas Besonderes ausgedacht: Es wurd ein speziell im Dark-Troll-Design lackierter Smart verlost. Und nebenbei war auch das Lineup voller Besucher-Favoriten der letzten Jahre. Doch zurück zur Musik. Nach dem Doom/Black von Ad Cinerem gab es nun mit Lucifer’s Child schnellen Black Metal. Die Bühnenshow kam ohne Brimborium und Schnörkel aus, direkt und präzise. Als nächstes Lagerstein, nach 2017 zum zweiten Mal und das nicht ohne Grund. Die Band ist eine sichere Bank. Wo auch immer sie auftauchen, ist für gute Stimmung gesorgt, schließlich gehen Trinklieder immer. Rum und Piraten sind nun auch keine Langweilerthemen. Lagerstein legten den gewohnt bier- und rumseligen Auftritt hin, alle Partyfans waren gut vorbereitet und füllten den Zuschauerbereich mit Piraten-Look-Alikes. Für zahlreiche Fans sicher ein Höhepunkt des Festivals.

Es folgen Sear Bliss. Mit im Metal-Bereich eher sehr selten eingesetztem Blechbläser, namentlich einer Posaune, sorgen sie für einen ungewöhnlichen Sound. Spontan fällt mir nur Shylmagoghnar ein, die in ihrem letzten Album Transience einen Track mit Blechbläsern untergebracht haben. Wäre übrigens auch mal eine interessante Band für das Dark Troll. Odroerir sind alte Bekannte auf dem Dark Troll. Und im Gegensatz zum letzten Jahr, wo sie mit einem rein akustischen Set auftraten, war diesmal tatsächlich Metal angesagt. Sun of the Sleepless, das Soloprojekt von Ulf Schwadorf, in dem er Musik und Gedanken verarbeitet, die nicht zu seinen anderen Bands wie The Vision Bleak passen. Der eher ruhige Atmospheric Black Metal der Band hebt sich auch sehr von seinen anderen Projekten ab, allein schon durch das Chor-Intro. Headliner des ersten Tages waren Finsterforst, auch sie alte Bekannte, die man gerne alle paar Jahre wieder sieht. Von ihren oft überlangen Songs brachten sie immerhin vier in ihrem Set unter: Urquell, Zeit für Hass, Mach dich frei (wobei Sänger Stefan von Jörmungand gesanglich unterstützte) und Ein Lichtschein. Dann war die episch-brachiale Show der gutgelaunten Headliner auch schon wieder vorbei. Als After-Headliner folgten noch 1914 aus Lwiw in der Westukraine. Der Name ist Programm, denn die Titel der Band drehen sich programmatisch um den ersten Weltkrieg (1914-1918). Dabei erwartete den Zuschauer allerdings trotz allem martialischen Sound kein Panzer-Heroismus Sabaton’scher Prägung, sondern vielmehr wird über Auftreten und Musik die dunkle, schreckliche Seite des Krieges heraufbeschworen, der Irrsinn, die Hoffnungs- und Erbarmungslosigkeit. Die Band hinterließ einen echten Eindruck.

Isgalder eröffneten den zweiten Tag mit getragenem, atmosphärischen und doch durch die Drummer-Arbeit treibenden Sound. Musik zum Köpfewiegen. Danach bliebt es eher atmosphärisch mit dem Post-Black-Metal von Mord’A’Stigmata. Valkenrag, die Amon Amarth Polens, wie sie anderswo schon genannt wurden, zelebrierten ihren slawisch-nordischen Heroismus. :Nodfyr: aus den Niederlanden hingegen gingen ganz in athmosphärischem Black und Death auf, in dem sie das alte Holland besingen. Waylander erkannte man schon von weitem als typisch irische Band. Blau bemalt, wie weiland die gälischen Krieger in grauen Vorzeiten, beschwörten sie alte Mythen wieder herauf, dabei nicht an traditionellen irischen Instrumenten wie der Tin Whistle sparend. Alles zusammen ergab eine sehr keltische Variante des Folk-Metal. Es folgten Waldgeflüster, sie gaben der von ihnen besungenen Natur den Klang des Black Metal. Und es klang hervorragend! Die als nächstes spielenden Saor waren für mich einer der Höhepunkte. Unglaublich atmosphärisch in der Verschmelzung von ausufernden Black-Metal-Klangteppichen mit traditionellen schottischen Instrumenten. Kampfar als Headliner des zweiten Tages rissen dann alle aus den epischen Landschaften Schottlands heraus und wuchteten mit ihrem Pagan-Black-Metal schwere Geschütze auf die Bühne. Da flanschten sich Sarkrista als Tagesabschluss nahtlos dran und drehten die Sache noch in eine etwas düsterere Richtung.

Der Opener Vera Lux befand sich nach Meinung einiger Gäste zwar noch in der Findungsphase. Viele gute Ideen, die sie in ihrem Folk-Metal (mit hohem Folk-Anteil) unterbrachten, lassen sich aber sicher noch ausbauen. Man ist gespannt auf ihren weiteren Weg. Für den Humor waren am dritten Tag dann Tulsadoom zuständig, die ihren Barbaric Metal sowohl mit Spielfreude als auch mit Selbstironie unter die mittlerweile zahlreich herbeigetrömten Zuschauer brachten. Sol Sistere konnte sich mit Lagerstein zusammen den Preis für die weiteste Anreise teilen, denn die Band kommt aus Santiago, Chile und sie spielen Atmopsheric Black Metal, der auf dem Dark Troll sehr gut ankam. Romuvos brachten danach baltischen Folk Metal näher, inklusive traditioneller Instrumente. Mit Himinbjorg aus Frankreich – übrigens auch alte Dark-Troll-Bekannte – wurde der Folk-Metal weiter in die Black-Folk-Bereiche getrieben. Das wie immer auf dem Festival zahlreiche Publikum war es mehr als zufrieden. Überhaupt scheint sich die Ausweitung der Campingbereiche seit dem letzten Jahr gut auf den Besucherandrang auf der Burg ausgewirkt zu haben. Es ist seitdem schon ab der ersten Band sehr viel voller. Hier spielt niemand vor leeren Reihen.

Fejd brachten ihren schwedischen Folk Metal dann mit einer Extra-Portion guter Laune an den Mann (und die Frau). Man merkt dem Songmaterial durchaus an, dass sie erst vor ein paar Jahren aus dem reinen Folk-Bereich auf Folk Metal umgeschwenkt sind, nachdem sie einen E-Gitarristen in die Band aufnahmen. So sind auch andere Saiteninstrumente prominent in den Songstrukturen Vertreten. Einer der raren Deutschland-Auftritte von Winterfylleth schloss sich an. Headliner des letzten Tages war Mgła (polnisch für „Nebel“). Hinter ihrer Musik treten die Musiker zurück, weswegen sie auch nur mit schwarzen Masken auftreten. So soll sich jeder besser auf den Klang ihrer Musik konzentrieren können. Ob das sonst nicht der Fall wäre, sei einmal dahin gestellt, etwas Großartiges zu hören gab es mit ihrem an klassischem Black Metal angelehnten, doch melodiösen Soundstrukturen allemal. Ein würdiger Headliner. Das Festival beschloss Enisum, die auch schon im letzten Jahr spielten und dabei zwischen Ambient und Black Metal pendelten. Wie jedes Jahr war das Dark Troll eine gelungene Symbiose aus besonderer Location und ausgewählt guten Bands, woraus eine einmalige Atmosphäre erwuchs. Einmalig bis zum nächsten Jahr.

Infos zum Festival gibt es auf der offiziellen Seite unter http://www.darktroll-festival.de. Dort werden auch in nächster Zeit die ersten Bands für 2020 bekannt gegeben. Karten gibt es schon und sie werden auch schon fleißig gekauft, denn sie sind auf ca. 1000 limitiert. Mehr Platz ist einfach nicht in der Burg.