Auf geht’s zum neunten Dark Troll. Seit 2009 findet (mit reinem Jahr Unterbrechung) das Dark Troll – in den ersten Jahren noch Black Troll geheißen – auf der Schweinsburg oberhalb von Bornstedt statt. In der Zeit hat es sich unter Metal-Fans einen exzellenten Ruf erarbeitet. Trotz der frühen Stunde – es ist schließlich gerade erst früher Nachmittag – ist der Burghof schon am Beginn des ersten Tages sehr gut gefüllt – mehr als in den Vorjahren. Das mag daran liegen, dass in diesem Jahr die Zeltflächen deutlich ausgeweitet wurden und viele Besucher so schon von Beginn an vor Ort sind. Damit dürfte wohl auch der Anteil an Tagesbesuchern zurückgegangen sein, denn schließlich ist die Kartenkapazität begrenzt, denn die Burg nimmt nur etwa 1000 Leute auf, mehr gibt die Fläche nicht her.
Tag 1
Waldtraene
Die Tradition lebt. Wo andere Festivals als jährlichen Opener peinlich-lustiges wie Mambo Kurt mit seiner Heimorgel oder irgendwelche örtlichen Blasmusikkapellen auffahren, hat das Dark Troll eine viel bessere Idee gehabt, indem sie regelmäßig das Pagan-Folk-Duo Waldtraene einladen. Denn Waldtraene traten mittlerweile zum vierten Mal in Folge seit 2015 auf, um das Festival mit ihren paganen Folk-Songs über die germanische Vorzeit, von alten Mythen und heidnischen Göttern zu eröffnen. Und so viele Zuschauer wie in diesem Jahr durften sie wohl auch noch nie bei ihren Auftritten auf dem Festival vor der Bühne begrüßen. Waldtrane singen, begleitet von Akkustik-Gitarre und Flöte in „Die Schlacht am Harzhorn“ über historische Ereignisse oder in „Odin“ und „Nerthus“ über germanische Götter. Ein nächstes Album wurde auch schon angekündigt, der letztgenannte Song wird wohl darauf zu hören sein, aber bis zur Veröffentlichung wird es noch eine Weile dauern. Ein Releasedatum steht noch nicht fest.
Mornir
Danach war es auch genug mit der Besinnlichkeit und es wurde lauter, schneller und härter. Um nicht alle Anhänger der sanften Zupf- und Streichinstrumentenfraktion zu verschrecken, hatten Mornir ihren Violinisten Clemens dabei. Der unterstützte die Freisinger nach Kräften. Für den Fall, dass keiner weiß, wo Freising ist, kündigt Sänger Axel die Band mit „Wir sind Mornir aus … bei München“ an. Den Zuschauern gefiel es und viele lüfteten ihre Haarpracht mit vorschriftsmäßig kreisenden Bewegungen. Sehr gut! Der Pagan Metal der bayrischen Band ist schnell und zum mitspringen geeignet. Der Platz vor der Bühne blieb damit weiterhin recht gut gefüllt für die frühe Tageszeit. Die Bayern spielten nicht nur ihre EP „Entfesselt“ herunter, sondern auch neue Songs wie „Hexer“. Bleibt zu hoffen, dass nach der EP, die nun auch schon drei Jahre alt ist, endlich wieder neues Material erscheint.
Apathie
Apathie kommen aus der Oberlausitz, aber mit sorbischen Volksliedern und Trachten haben sie nichts zu tun. Sie bevorzugen eine andere Tracht, nämlich die des Black Metal mit Corpse Paint. Mit „Trugbilder einer Erinnerung“ und „Incendium Excitare“ konnten sie auch schon aus den Songs von zwei Alben auf ihren Konzerten auswählen. Neben Stücken aus dem zweiten Album, wie „Grau II: Schwarzer Schnee“, wurde auch neues Material angekündigt und gespielt. Ab jetzt wurde der Platz vor der Bühne nur noch voller, auch wenn es von Band zu Band einen gewissen Besucheraustausch gab.
Odroerir
Die Folk-Metaller aus Thüringen sind mit vier Alben, die sie seit 2002 veröffentlicht haben, alte Recken. Das neueste namens „Das Erbe unserer Ahnen“ ist erst seit 2017 erhältlich. Das ursprünglich als Nebenprojekt der schmalkaldischen Band Menhir gegründete Ensemble konzentriert sich vor allem auf Folk-Musik mit traditionellen Instrumenten. Keyboards und ähnliche elektronische Klangerzeuger wird man hier vergebens suchen. Auf dem Dark Troll spielten die Band erstmalig ein reines Akkustik-Set, unterstützt von Knöpfchen und Horda von Waldtraene. Schon allein an den ersten vier Bands kann man sehen, welche Bandbreite das Dark Troll trotz der Ausrichtung als Spartenfestival bietet. Hier wird nicht nur ausschließlich Metal gespielt, sondern sich auch noch innerhalb dessen auf Folk-, Pagan- und Black-Metal konzentriert. Und trotzdem beinhaltet dies schon eine richtig große Vielfalt von unterschiedlichen Stilen und Interpretationen. Man sieht und hört hier jedes Jahr etwas vollkommen Neues. Leider war Odroerir auch der Ausgangspunkt einer Bandverspätung, die durch Technikprobleme entstand und immer weiter bis zur letzten Band des Abends durchgereicht wurde.
Sojourner
Jedes Jahr finden auf das Festival auch Bands mit äußerst weitem Anreiseweg (letztes Jahr Lagerstein aus Australien). So auch Sojourner, die in Teilen aus Neuseeland stammen. Andere Mitglieder leben in Schweden. Musikalisch sind sie im Atmospheric Black Metal angesiedelt. Die Band, die Anfang des Jahres ihr zweites Album „The Shadowed Road“ veröffentlicht hat, spielte trotz dessen auf der Burg Bornstedt erst ihr zweites Live-Konzert überhaupt, wie mir gesagt wurde. Die geringe Live-Erfahrung ließ die Truppe dann auch erst nach einigen Songs ein wenig lockerer werden. Ihren Atmospheric Black Metal brachten sie dann abseits der ruhigen Passagen auch ziemlich druckvoll aus den Boxen und das zahlreiche Publikum wusste die Show durchaus zu genießen.
XIV Dark Centuries
Alte Bekannte des Dark Troll sind XIV Dark Centuries. Nach einigen Jahren der Abstinenz war es also wieder soweit. Nach 2010 und 2015 erobern die germanischen Krieger wieder die Bühne auf Burg Bornstedt. Und das kann man auch wörtlich nehmen, denn die Reenactment-Kämpfer vom Semnonenbund aus Nauen unterstützten die Performance mit einer Art Schildwall auf der Bühne. Die restliche Zeit des Festivals waren sie allerdings friedlicher und hatten ihr Lager im hinteren Teil aufgeschlagen, so wie jedes Jahr. Interessierte Besucher konnten sich dort über die germanische Lebensweise vor anderthalb Jahrtausenden informieren und sich anhand der ausgestellten Einrichtungs- und Alltagsgegenständen in frühmittelalterliche Zeiten zurück versetzen.
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Firtan
Dem Gesetz der Serie scheinen auch Firtan zu folgen. Die Badener kommen seit 2014 alle zwei Jahre auf die Burg. Aber natürlich immer mit neuem Material. Diesmal auch mit Violinistin zur Unterstützung. Sollte die Violine etwa das neue Modeinstrument der Black-Metal-Szene werden? Jedenfalls heißt 2018 die neueste Langscheibe „Okeanos“, erscheint am 13. Juli und wurde natürlich auch beim Dark Troll bespielt. Firtans Black Metal mit Atmospheric-Einschlag kam erwartungsgemäß wieder gut an bei den Zuschauern. Richtig voll war es mittlerweile vor der Bühne geworden.
Gernotshagen
Die Pagan-Metaller spielten nun schon das vierte Mal auf dem Dark Troll. Aber warum auch nicht. Da Dark-Troll-Mitveranstalter Mike in der Band Gitarre spielt, ist es naheliegend, die eigene Band hin und wieder zu buchen. Zumal ihr letzter Auftritt auf der Burg auch schon wieder drei Jahre zurück liegt. Apropos letzter Auftritt: Während des Sets übergab Mike seine Gitarre an seinen Nachfolger. Das hatte schon etwas Symbolisches an sich. Das Dark Troll war sicher der beste Ort für so einen Übergang. Stimmung und Publikum waren jetzt, so spät am Abend natürlich auf dem Höhepunkt.
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The Committee
Nicht gesehen. Da sich die Verspätung an diesem Tag schon auf über 45 Minuten summiert hatte, war der Abend für mich schon vor The Committee beendet. Fast schon tragisch war, da die Band extra wieder eingeladen worden war, weil sie im letzten Jahr wegen einer Verspätung nicht ihr komplettes Set spielen konnten, sondern vorzeitig aufhören mussten. Höchstwahrscheinlich ist ihnen dieses Jahr das Gleiche wieder passiert. Auch letztes Jahr spielten sie am ersten Abend. Vielleicht sollte ihr Auftritt in Zukunft auf einen der anderen Tage gelegt werden, denn an den nächsten Abenden klappte alles ganz hervorragend und es kam zu keinen Bandverspätungen.
Tag 2
Martyrium
Tag Zwei begann gleich ohne Umschweife oder langsames Wachwerden mit dem Black-Metal-Export aus Malta mit ihrer erst am 8. Mai offiziell vorgestellten neuen Sängerin Sandra Misanthrope. Die Norwegerin verdiente sich ihre Meriten bislang bei Frantric Amber und Silent Witness vornehmlich im Death-Metal-Fach. Mit ihr am Mikro lieferte die Band eine äußerst energiegeladene Show ab, so wie man es auch schon von ihrer Vorgängerin Vanja Obscure. Wie schon am Vortag war auch hier wieder von der ersten Band an der Platz vor der Bühne ansehnlich gefüllt. Nichts mit Morgenmüdigkeit oder Rausch ausschlafen. Metaller können auch ganz disziplinierte Zeitgenossen sein. Vielleicht waren auch viele angelockt vom Versprechen blutiger rituale auf der Bühne. Aber dort oben ist ja beim Dark Troll bekanntlich nicht allzu viel Platz. So blieb aber immerhin die wild performende Sandra als Hingucker zum Melodic Black Metal. Erste Hilfe leisteten die Malteser dann auch eher im Bereich knüppelnde Gitarren, kreisende Haare und exzessivem Growling, dort aber sehr gekonnt.
Krater
Düster und aggressiv ging es weiter. Vom Black Metal der okkulten Sorte hin zum Black Metal der misanthropischen Art, wie ihn Krater aus Nürnberg zelebrierten. Die Ex-Sachsen und nunmehrigen Franken haben sich mit mittlerweile drei vollwertigen Alben und einigen Jahren Bühnenerfahrung genug Standing erspielt. Ihr Set, das naturgemäß vor allem aus Stücken der letzten Scheibe Urere bestand, brachten sie mit für Black Metal angemessener Ernsthaftigkeit – man könnte es auch Zorn und Verachtung nennen – ins Publikum. Reckte sich da etwa die eine oder andere zustimmende Faust gen Himmel inmitten der Zuhörer? Alles in allem wirte die Zuhörerschaft recht zufrieden mit dem gehörten.
Crimfall
Der Düsternis war nun vorerst genug gefrönt worden, jetzt wurde es Zeit für echte Epik mit dramatischem Chor-Intro mit Violinen und Symphonic-Metal-Einschlag. Die Finnen von Crimfall spielten ihren ordentlich aufgebrezelten Folk Metal. Damit es nicht zu säuselig wurde, hatten sie neben Sängerin Helena Haaparanta natürlich auch Sänger Mikko Häkkinen, der für die Growling-Parts zuständig war, dabei. Nach langer Pause – letztes Album von 2011 – hat die Band 2017 mit Amain auch endlich wieder einen Longplayer mit neuem Material veröffentlicht. Das vierteilige Ten Winters Apart daraus wurde immerhin in einigen Teilen (Pt. I und Pt. III) gespielt, dazu „Wayward Verities“, aus dem Vorgängeralbum „The Writ of Sword“ stammte die Wikingerballade „Silver and Bones“. Die Songs der Finnen kann man mit „fängt langsam an und steigert sich zu einem Orkan“ ganz gut charakterisieren. Die Band aus dem hohen Norden traf den Nerv der Besucher. Da gingen ziemlich viele begeistert ab, Pommesgabeln wurden gezückt und Haare geschüttelt. Noch dazu, wo sich Sängerin Helena immer mal wieder in Deutsch an das Publikum wandte.
Bornholm
Mit Pagan/Melodic Black ging es nun wieder minimal düsterer weiter. Die Budapester, seit 18 Jahren im Geschäft, gingen die Sache natürlich mit der nötigen Abgebrühtheit an. Es wurde ein buntes Potpourri gespielt (wenn man das Wort bunt überhaupt benutzen sollte angesichts des eher schwermütigen Pagan Metals der Band) aus alten Songs wie Acheron aus dem 2003er Debüt-Album der Ungarn, „…on the Way of the Hunting Moon“, bis natürlich hin zu neuen Stücken wie „March of Saturn“ vom Ende 2016 erschienen aktuellen Longplayer „Primaeval Pantheons“. An diesem Tag gab es übrigens keine Bandverspätungen, es funktionierte alles im geplanten Zeitrahmen. Und auch Bornholm fand ein interessiertes, in die gespielten Songs versunkenes Publikum.
Havukruunu
Und schon wieder Finnen. Ist Finnland etwa in diesem Jahr das Partnerland des Dark Troll? Irgendwelche Messen jedweden Business‘ bekommen das mit den Partnerländern ja auch hin, wieso also nicht mal ein Festival?! Und überhaupt kommt aus Finnland natürlich jede Menge essentielle Metal-Musik. Prinzipiell sind die finnisch gesungenen Texte von Havukruunu ja schwer verständlich für den durchschnittlichen Mitteleuropäer, aber hier auf dem Dark Troll, in irgendeiner Burgruine inmitten des ländlichen Sachsen-Anhalts gibt es trotzdem genug Fans, die leidenschaftlich mitfeiern. Pagan Black Metal geht auf dem Dark Troll eben immer. Das Set der Band, die erst seit fünf Jahren zusammen schwarze Metallmusik in die Welt entlässt, bestand zur Hälfte aus Songs ihres letzten Albums „Kelle surut Soi“, der Rest waren ältere Songs aus dem Debüt „Havulinnaan“ und ihrer EP „Rautaa ja tulta“.
Dynfari
Noch mehr Skandinavier. Dynfari kommen aus Island, der Insel aus Feuer und Eis. Aber sie singen uns kein Lied von Eis und Feuer, denn das ist was anderes und das sollte man nicht verwechseln. Hier gehts um sehr schwermütigen Atmospheric Black Metal und nicht um mittelalterliche Fantasy-Schlachteplatte mit Drachen. Sänger Jóhann Örn brüllte, grollte und schrie sich auf äußerst melancholisch-wütende Weise die Lunge aus dem Leib. Und das auf isländisch. Erst auf ihrem vierten und letzten Album vom April 2017 finden sich auch einige englischsprachige Songs.
Horna
Und wieder Finnland! Den skandinavischen Abend beschlossen Horna, die mit waschechtem Black Metal der besonders hasserfüllten Sorte noch einmal die Stimmung anheizten. Eigentlich ein Projekt von Gitarrist Shatraug, der sich passende Bandmitglieder zusammensucht, geriet Horna in der Vergangenheit immer wieder wegen ihrer Nähe zum NSBM und rassistischer und nationalsozialistischer Interviewaussagen in den Fokus. Das mag Teil der Inszenierung sein oder echte Überzeugung – das kann ich nicht beurteilen. Ich fand Horna jedenfalls trotz eines gewissen Show-Wertes, den man der Band nicht absprechen kann, leider vor allem musikalisch so eintönig, dass ich mich nicht mehr dazu motivieren konnte, Ereb Altor (mit ihrem exklusiven Bathory-Set) und Horn anzuschauen und für diesen Abend das Festival noch während der Aufführung verließ. Höchstwahrscheinlich habe ich gute Musik verpasst. Die sehr gut gefüllte Fläche vor der Bühne zeigte allerdings deutlich an, dass auch Horna für viele ein musikalisches Highlight auf dem Dark Troll war. Trotzdem: dass immer wieder auch Bands mit zweifelhaften Image – das ja von den Künstlern bewusst selbst so aufgebaut wird – eingeladen werden (letztes Jahr zum Beispiel Nargaroth), finde zumindest ich sehr bedauerlich. Ich brauche keine plakativen Anti-Nazi-Kampagnen oder politische Statements auf Festivals. Einfach nur ein Lineup, bei dem man nicht ins Grübeln kommt, wäre völlig ausreichend.
Tag 3
Soulline
Die erste Band des Tages war auch gleich eine Überraschung. Technical Death gehört nicht zur Kernausrichtung des Dark Troll. Aber das Dark Troll wäre nicht das Dark Troll, wenn nicht in jedem Jahr auch einige wenige Bands dabei wären, die ein wenig aus der musikalischen Ausrichtung ausbrechen. Mit den Schweizern von Soulline war das wieder einmal großartig gelungen. Tolle Stimme von Sänger Klod und insgesamt eine gute, druckvolle Show, die sich auf die Musik konzentrierte und damit gewann.
Trollort
Gleich noch mehr Besuch aus der Schweiz. Trollort spielten – wie kann es bei dem Namen anders sein – natürlich Folk Metal. Mit Songs auf ihren beiden bisherigen Alben, die Namen tragen wie „Tears of Troll“, „Serial Troller“, „Shraal od Trolly“ und „Troll Gringo“ (die sie natürlich nicht alle spielten) ist das Thema auch wirklich fest gezurrt. Stattdessen wurde zum Beispiel das sehr folkige „More Flesh for Fest“ dargeboten. Das handelt wahrscheinlich auch von Trollen. Hier sind eindeutig Fans der skandinavischen Fabelwesen am Werke. Dass sie auch noch ein wenig an Finntroll erinnerten, stellte sich dann schon die Frage, ob das alles ernst gemeint war oder es sich einfach nur um eine Satire handelte und die Band mit der ganzen Trollerei eher augenzwinkernd umgeht. Aber andererseits: Wo würden sie besser hinpassen, als auf das Dark Troll Festival?
Unlight
Und nun die dritte Band in Folge, die zumindest in Teilen Schweizer Wurzeln hat. Unlight – die restlichen Bandmitglieder kommen aus Baden-Württemberg – ist seit über 20 Jahren Satanismus-erprobt und mit nunmehr sieben veröffentlichten Alben auch eine gewisse Instanz, was Black Metal angeht. Zumal die Band diesen auch als Lebenseinstellung sieht und nicht nur als Attitüde, um mal Leute zu schocken, welch böse Musik sie da so machen. Ihr letztes Album „Anhelion“ wurde recht wohlwollend von der Kritik aufgenommen, verbindet es doch traditionellen Black Metal wie aus den 90ern mit moderneren Einflüssen. Auch die Zuschauer wussten das zu schätzen.
Shade Empire
Shade Empire kamen dann tatsächlich aus dem hohen Norden, wenn auch nicht aus den klassischen Troll-Ländern Schweden oder Norwegen. Aber dafür aus dem von mir ausgerufenen diesjährigen Partnerland Finnland. Die Band führte die Partymeute vor der Bühne mit ihrem Melodic Death wieder auf ernstere Pfade zurück. Dazu noch die Shade-Empire-üblichen Bombasteinlagen, um die Melodien etwas dramatisch aufzuladen, fertig war der kurzweilige Auftritt. Der Live-Auftritt sorgte auch dafür, dass alles ein wenig ruppiger rüberkam, als es üblicherweise auf der doch etwas glatt gebügelten CD klingt. Das tat dem musikalischen Genuss durchaus gut.
Wikipedia-Galerie Shade Empire
Obscurity
Die Helden des Bergischen Landes feierten sich nicht lange, sondern lieber zusammen mit dem Publikum. Nach kurzem Intro ging es sofort in die Vollen und das Pagan-Metal-Langschiff setzte Segel. Mit „Schicksal der Götter“ vom Album „Vintar“ begannen die Nackenlockerungsübungen beim Publikum, die auch ohne Unterbrechung mit „Nach Asgard wir reiten“ und „Vintar“ fortgesetzt wurden. Sänger Agalaz war gut gelaunt und trotz durchzechtem Vorabend – wie er freimütig zugab – gab er, ganz Profi, eine großartige Performance. Nach einer Stunde wurde das Set mit Hilfe rudernder Zuschauer mit „Nordmänner“ beendet. Die Fans waren wieder einmal äußerst gut unterhalten worden!
Illdisposed
Das dänische Death-Metal-Brett gehört vielleicht nicht zu den üblichen Bands, die das Dark Troll einlädt, aber wie schon an früherer Stelle angemerkt, leisten sich die Veranstalter mit sicherem Händchen den einen oder anderen absichtlichen Ausrutscher aus der Folk-Pagan-Black-Metal-Schublade. Die lustigen Dänen waren dabei eins der Highlights. Zwar nun das ganze Gegenteil von Newcomern, sondern eine gestandene Größe, brachten sie wieder dieses Quentchen Abwechslung, dass das Dark Troll so schön abrundet. Sänger Bo war nicht ganz so gesprächig, wie sonst oft. So nahm er sich zwischen den Songs etwas zurück und nur wenige der üblichen selbstironischen Ansagen, für die die Band bekannt ist, unterbrachen die Songs. Wer Illdisposed in diesem Jahr noch woanders sehen will, hat in Deutschland nur noch wenige andere Chancen. Ende Juni auf dem Protzen Open Air und im Dezember noch einmal in Berlin. Da war es doch gut, die Jungs auf der Schweinsburg zu haben, wo sie sogar „was Neues“ spielten, wie Bo lakonisch zwischen zwei Songs anmerkte, bevor er sich ins Growling des nächsten Songs stürzte.
Skyforger
Wieder eine Band, die nicht so oft in Deutschland unterwegs ist. Für die Buchung für das Dark Troll muss man den Veranstaltern daher wirklich danken. Skyforger haben ihren baltischen Folk schon mit mehreren Stilen verbinden. War es zuerst, in den 90ern, Death Metal, wurde es später zu Black und auf den letzten Alben eher zum klassischen Heavy Metal. Immer blieben aber die in lettischer Sprache gesungenen Texte, die vor allem die baltische Mythologie und lettische Geschichte behandeln.
Arkona
Headliner des letzten Abends waren Arkona aus Moskau. Über die Band muss man nicht mehr viel sagen. Sie haben sich in den letzten 20 Jahren eine große Fanschar erspielt. Mascha „Scream“ Archipowa fegte über die Bühne wie ein Derwisch. Oder eher wie eine Völva oder wie immer das slawische Pendant zur nordischen Seherin heißt. Nach 2010 waren die Pagan-Metaller das zweite Mal auf dem Dark Troll. Nach der langen Zeit muss man fast schon sagen: Endlich! Mit dabei hatten die Russen Songs aus ihrem neuesten Album „Khram“. Dem Publikum waren sie wohlbekannt oder zumindest so eingängig, dass im dichten Gedränge vor der Bühne noch Haare kreisten und Fäuste gereckt wurden. Das (in jeder Hinsicht) finale Konzert von Wederganger habe ich mir dann allerdings geschenkt und stattdessen die Schweinsburg im zügigen Schritt nach Hause verlassen. Schön wars!
Man kommt nicht umhin, festzustellen, dass das Dark Troll in jedem Jahr wieder fantastisch ist. Nicht nur, dass es am Anfang der jährlichen Festivalsaison den gröbsten Hunger auf Open Air stillt, der sich im langen Winter angesammelt hat. Nein, es ist auch in jedem Jahr wieder schön, ein Festival zu haben, das ohne die nervigen Festivaltouristen der großen Festivals auskommt, deren Spaß sich anscheinend mit der eigenen Durchgeknalltheit potenziert. Hier kommen wirklich so ziemlich alle, um die Musik zu hören und die Bands zu sehen und nicht, um sich drei Tage die Kante zu geben und halbnackt durchs Zeltlager zu torkeln auf der Suche nach der eigenen Würde. Hier wird gefeiert, genossen und gefachsimpelt. Wenn man sich zum Beispiel mit russischen Besuchern über slawisches Heidentum und Christianisierung austauschen kann, dann ist das irgendwie viel entspannter und interessanter, als zum fünften Mal am Tag ein lautes „Ficken“ entgegengebrüllt zu bekommen. Man merkt einfach, dass hinter dem Dark Troll keine große Konzertagentur steht, die alles auf Mainstream bügelt, um möglichst viel Umsatz zu machen, sondern dass sich hier Leute engagieren, die es einfach für die Sache tun und ein schönes Metal-Wochenende auf die Beine stellen möchten. Das ist ihnen wieder einmal gelungen!
PS: Mit Enisum gibt es schon die erste Ankündigung für das Dark Troll X. Für weitere Infos zum Jubiläumsfestival im nächsten Jahr schaut einfach auf der offiziellen Seite vorbei.
Und hier geht es zur Gesamtgalerie des Dark Troll IX mit 520 Fotos.