Festivalkritik: Rockavaria 2015

… ein Festival für München oder so…
Blick auf die Mainstage im Olympiastadion

Mit reichlich
Vorschusslorbeeren und einem rocklastigen Lineup der Superlative schickte die
Deutsche Entertainment AG, kurz DEAG, am vergangenen Wochenende bei bestem Wetter ihr neues
Festival „Rockavaria“ in München an den Start.

Endlich
wieder ein Festival für und in München, endlich sollte nun der seit Jahrzehnten
vorhandene weiße Fleck auf der Festivalkarte getilgt werden. Doch was ist nach dem 3
Tage dauernden Feuerwerk der Konzertgrößen geblieben? Zeit Bilanz zu ziehen und
die zeigt vor allem eins, das Rockavaria ist eben alles nur leider kein
Festival, darf aber trotzdem wieder kommen.
Aber ein
Festival, muss das Rockavaria auch nicht sein. Hand aufs Herz, braucht es wirklich
Zelte, Augenringe und schlammverkrustete Kleidung für guten oder authentischen
Musikgenuss? Ein klares „natürlich nicht“ und so hat das Rockavaria abseits der
unweigerlich stattfindenden Festivaldiskussion, neben weiteren Kritikpunkten
auch ganz klar viele Pluspunkte und positive Resonanz sammeln können.
Wer das
Provisorium der Organisation eines klassischen Festivals kennt, der weiß  durchaus die Vorteile einer vorhandenen
Infrastruktur zu schätzen. Stichwort Schlammpfade und Dixiklo-Burgen, Dinge die
man keinesfalls vermisst. Auch muss hier nochmal erwähnt werden, der Eintausch
der Eintrittsbändchen hat gerade 5min gedauert. Das ist in meiner
Festivalhistorie Rekord, wovon sich altgediente Festivals durchaus mal eine
Scheibe abschneiden dürfen.
gesperrtes Theatron
Aufgeteilt in
drei Stages konnte man sich zwischen Seebühnen-/Hallenkonzert oder
Stadionatmosphäre entscheiden. Wieso man dabei aber das durchaus sehr begrenzte
Theatron incl. eines Stehverbots als dritte Location genutzt hat, anstatt eine
Bühne am Coubertinplatz, ähnlich wie beim „Energy in the Park“ aufzubauen, blieb
ein Rätsel.
So war dann eben
dieser Platz leider auch nur eine lieblose Durchgangsstation mit den üblichen
Fress-/ und Saufbuden. Da wäre mehr drin gewesen. Insgesamt fehlte dem
Rockavaria grundsätzlich überall ein wenig Liebe zum Detail.
Blick auf die Sitzplätze im Stadion kurz vor Metallica
Was sehr gut
gefiel war die insgesamt sehr unaufgeregte Art des Rockavaria. Trotz einer
Größe von 45.000 Zuschauern pro Tag konnte es mit seiner Gemütlichkeit die
vollkommen entspannten Besucher überzeugen. Von Hektik auf dem Gelände oder den
Bühnen war keine Spur. So konnte man ohne den üblichen Stress eines Festivals
die Musik genießen und darauf kommt es schlussendlich an. 
 Hier spielte das
Rockavaria auch seine eigentliche Stärke, ein mit ausgezeichnetem Blick für das
Detail zusammengestellte Line-Up, aus. Neben den Headlinern überzeugten auch
die Co-Headliner und supporting Acts durchweg mit guten Auftritten. Das ist auch
nicht immer so. Mit Metallica setzte das Rockavaria dann zum Abschluss noch ein
sprichwörtlich lautes Ausrufezeichen.
So bleibt abschließend
der Eindruck, dass zwar noch Luft nach oben vorhanden ist, der Veranstalter aber
im durchaus schwierigen Münchner Umfeld schon einmal vieles richtig gemacht hat.
Wenn er dann auch aufhört Sitzplätze im Stadion ohne Zutritt zum Stehbereich für
den gleichen Preis zu verkaufen obwohl der vornehmliche Mehrwert der
Reservierung weder die schlechte Sicht, noch den schlechten Sound und schon gar
nicht die notorisch unbequemen Retro 70ziger Jahre Sitzschalen rechtfertigen, dann
darf das Rockavaria gerne wieder kommen.
PPP / VP